Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, einer Berufstätigkeit nachzugehen, muss Erwerbsminderungsrente beantragen. Wie hoch die Erwerbsminderungsrente ausfällt und wie sie beantragt wird
Wer hat Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente vom Staat?
Wer in Folge von einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr in der Lage ist, mehr als sechs Stunden am Tag zu arbeiten, kann eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Vorausgesetzt, er hat mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und war innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre versichert.
Bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten gelten diese Regeln nicht. Hier reicht ein einziger Beitragsmonat, um den vollen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu haben. Selbständige haben nur dann Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, wenn sie in früheren Jahren gesetzlich rentenversichert waren und während der Selbständigkeit weiter freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt haben.
Einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, wer weniger als drei Stunden am Tag arbeiten kann.
Wie hoch ist die Rente wegen Erwerbsminderung?
Die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung wird berechnet, indem persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert multipliziert werden. Der Rentenartfaktor für die Rente wegen voller Erwerbsminderung beträgt 1,0. Der aktuelle Rentenwert wird jährlich unter anderem an die Entwicklung der Löhne und Gehälter angepasst. Hinzu können noch Zurechnungszeiten kommen. Das sind die Jahre bis zum frühstmöglichen regulären Rentenbeginn. Die Zurechnungszeit wird mit einem Durchschnittswert der zurückgelegten Versicherungszeiten bewertet und steigert so die Rente. Allerdings kommt es auch wieder zu Abschlägen von bis zu 10,8 Prozent, wenn die Rente vor der maßgeblichen Altersgrenze beginnt. Die Höhe der Entgeltpunkte ergibt sich unter anderem daraus, dass das persönliche Jahreseinkommen ins Verhältnis zum Durchschnittseinkommen gesetzt wird. Wer also in einem Jahr genauso viel verdient wie der Durchschnitt, erhält einen Entgeltpunkt. Das Durchschnittseinkommen wird jedes Jahr neu berechnet. Wer Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat, also weniger als sechs aber mehr als drei Stunden arbeiten kann, erhält die Hälfte der Rente.
Wie und wo stellt man einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeit?
Den Antrag ist bei der Deutschen Rentenversicherung zu stellen und kann dort auch kostenlos heruntergeladen werden. Die Deutsche Rentenversicherung prüft dann nach eigenen medizinischen Gutachten, ob und in welchem Umfang noch gearbeitet werden könnte. Tipp: Den Antrag zeitlich so stellen, dass vorab die vollen 72 Wochen Krankentagegeldanspruch ausgeschöpft sind. Denn das Krankentagegeld fällt deutlich höher aus, als eine mögliche Erwerbsminderungsrente.
Mit dem Antrag sind sämtliche Arztunterlagen, Krankenhausberichte, eine Selbstauskunft zur Erkrankung, Informationen zu den bisherigen Berufstätigkeiten sowie Gehaltsnachweise einzureichen. Wer keine Fehler machen möchte, zieht am besten einen Fachanwalt hinzu. Alternativ bietet auch die Rentenversicherungsanstalt Beratungsstellen an.
Zur Person
Dieter Homburg ist Masterconsultant in Finance und gründete bereits im Alter von 21 Jahren sein erstes Beratungsunternehmen mit dem Schwerpunkt Altersvorsorgeplanung. Er ist Autor des Buchs „Altersvorsorge für Dummies“ (Wiley-Verlag). Weitere Informationen unter: http://wordpress-dieterhomburg.p652185.webspaceconfig.de/pkv-check/
Darauf müssen Sie beim Ausfüllen des Antrags achten
Oft werden Anträge abgelehnt, weil der Gutachter befindet, dass noch keine Erwerbsminderung vorliegt. Sie sollten deshalb den Schwerpunkt nicht nur auf die medizinischen Diagnosen legen, sondern vielmehr betonen, welche Tätigkeiten in Ihrem Beruf Sie nicht mehr oder kaum noch ausführen können.
Legen Sie für diese Punkte am besten eine separate Aufstellung an, die Sie dem Antrag beilegen. Führen Sie auch Tätigkeiten auf, die Sie Zuhause nicht mehr erledigen können. Beispielsweise, alleine kochen, Fenster putzen, etc.
Werden Sie möglichst konkret bei der Beschreibung. Denn aus einer Diagnose wie etwa „Bluthochdruck“, die der Arzt festgestellt hat, geht noch lange nicht hervor, wie und wie viele Stunden am Tag Sie arbeitstauglich sind.
Was tun, wenn der Antrag abgelehnt wird?
Gut die Hälfte aller Anträge wird abgelehnt. Hier gilt es Ruhe zu bewahren und genau zu prüfen, warum der Antrag abgelehnt wurde. Innerhalb eines Monats kann Widerspruch erhoben werden. Ein entsprechender Hinweis findet sich im Bescheid in der Rechtsbehelfsbelehrung auf der letzten Seite. Spätestens jetzt sollte fachkundiger Rat von außen hinzugezogen werden. Oft legen Betroffene aus Angst vor einem Rechtsstreit keinen Widerspruch ein – und verzichten damit möglicherweise auf Ihre Rechte.
Der Einspruch ist schriftlich einzureichen, ein spezielles Formular gibt es dafür nicht. Begründen Sie den Einspruch so gut Sie können. Beim Widerspruch ist es wichtig, etwaige neuen Erkenntnisse, Beeinträchtigungen und Diagnosen beizufügen. Auch können sie darauf aufmerksam machen, wenn ein besonders wichtiger Aspekt des Antrags nicht berücksichtigt wurde. Tipp: Der Rentenversicherungsträger muss Ihnen auf Antrag Akteneinsicht gewähren. So können erfahren Sie die Gründe, die zur Entscheidung gegen die Rente geführt haben. Daraus lassen sich Argumente für den Widerspruch ableiten.
Sollte der zweite Versuch erfolglos bleiben, bleibt noch die Möglichkeit, binnen vier Wochen vor den Sozialgerichten zu klagen. Diese Klagen kosten zwar nichts, sind aber langwierig. Ein Rechtsstreit zur Erwerbsminderungsrente dauert durchschnittlich ein Jahr und länger, etwa ein Drittel der Klagen sind erfolgreich.
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